Die Gerüchte haben sich bewahrheitet: Team Ninja arbeitet an einem Souls-like im Final-Fantasy-Universum. Stranger of Paradise: Final Fantasy Origins sah bei seiner E3-Präsentation dann nach vielem aus, nur nicht nach einer besonders guten Idee. Aber es gibt noch Hoffnung, denn die Nioh-Entwickler veröffentlichten kurz darauf eine Demo-Version ihres neuen Projekts und sammeln damit fleißig Feedback von der skeptischen Fangemeinde. Das Angebot nehmen wir doch gerne an!
Ein reichlich peinlicher Trailer mit völlig deplatzierten Charakteren und eine Demo, die einen Patch benötigte, um sie überhaupt starten zu können - das Erste, was die Gaming-Öffentlichkeit von Stranger of Paradise: Final Fantasy Origins mitbekam, war eine Bauchlandung in doppelter Ausführung. Warum sehen die Charaktere aus, wie eine halb gute Devil-May-Cry-Cosplaytruppe? Was sollen diese stumpfsinnigen Dialoge? Und ist das Spiel am Ende nur ein Nioh-Abklatsch mit bekanntem Namen?
Auf der Suche nach Antworten haben wir uns mehrmals durch die Demo gekämpft und dabei festgestellt: Die sich abzeichnende Katastrophe ist Stranger of Paradise zwar nicht geworden, eine ziemliche Baustelle ist das Spiel aber dennoch.
Cooles Feature: Wir können einige gegnerische Angriffe per Parade abfangen und dann kurz selbst benutzen! Quelle: PC Games Aber fangen wir von vorne an. Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin (jetzt kaufen 36,43 € ) ist das neueste Projekt der Ninja-Gaiden- und Nioh-Entwickler von Team Ninja, die sich mit Square Enix zusammengetan haben, um dem FF-Universum endlich sein eigenes Souls-like zu bescheren. Gleichzeitig deutet der Untertitel an, dass es sich dabei um eine Neuinterpretation des ersten Final Fantasy handelt. Das legendäre JRPG also, das Entwickler Square 1986 haarscharf vor dem Bankrott bewahrte. Von dessen bodenständigem Fantasy-Setting ist Stranger of Paradise jedoch weit entfernt: Unsere Krieger des Lichts Jack, Jed und Ash wirken im düsteren Dungeon ähnlich fehl am Platz wie schon ihre Final-Fantasy-15-Kollegen. Protagonist Jack erinnert an Shooter-Helden von 2010 und startet den Feldzug gegen Goblins, Bomber und Skelette in Jeans und T-Shirt. Hat Charakterdesigner Tetsuya Nomura mittlerweile einfach keine Lust mehr? Deutet der seltsam alltägliche Kleidungsstil gar auf eine abstruse Parallelwelt-Story hin? Sei's drum, Stranger of Paradise ist im Kern ein Souls-like und muss daher primär mit seinem Gameplay überzeugen!
Finisher zerschmettern Gegner in Kristallbrocken und laden unsere MP-Leiste auf. Quelle: PC Games Wir starten unsere Jagd nach dem Chaos mit einem kurzen Tutorial und fühlen uns direkt an die beiden vorherigen Souls-likes von Team Ninja erinnert. Das Willensbruch-System, mit dem wir Gegner für verheerende Finisher weichklopfen, ist der Ersatz für die Ki-Mechanik aus Nioh und funktioniert hüben wie drüben. Allerdings sind die Feinde in Stranger of Paradise ein Stück zäher und wir zunächst mit weniger Angriffen ausgerüstet. Neben einer simplen Drei-Schläge-Combo mit unserem Riesenschwert, die wir mangels Ausdauerleiste beliebig oft verwenden dürfen, können wir noch klassisch blocken, parieren und ausweichen. Für alle weiteren Aktionen kommt eine MP-Leiste zum Einsatz, die sich über Treffer, erfolgreiche Paraden und Finisher auflädt. Ist ein Balken voll, können wir als Schwertkämpfer besondere Combos loslassen, etwa einen Wirbelschlag oder einen Ansturm-Angriff. Trio Banale: Von den drei "Kriegern des Lichts" hier hören wir in der Demo kaum etwas. Wahrscheinlich ein Segen. Quelle: Square Enix Und diese Moves brauchen wir auch, denn schon kleine Standard-Goblins können einiges einstecken, womit wir beim ersten Problem des Kampfsystems wären: Es fühlt sich lasch und kraftlos an. Unser Riesen-Zweihänder schwingt sich seltsam schnell, hat aber auf Feinde, ihre Angriffe und Lebensleisten unbefriedigend wenig Auswirkung. Mit den MP-Attacken schicken wir die Gegner schneller auf die Bretter, aber auch diese Aktionen sind verhältnismäßig schwach, wenn man bedenkt, wie viel Mühe es erfordert, die Manaleiste aufzufüllen. Wer die Kämpfe flotter gestalten will, dreht den wählbaren Schwierigkeitsgrad in bis zu vier Stufen herunter. Auf der Stufe "Schwer" stecken Standardgegner mehr Treffer ein, als so mancher Dark-Souls-Boss.
Der Pikenier kann als Spezialfähigkeit seine Lanze schleudern. Im Nahkampf wirken seine Animationen wie aus Nioh kopiert. Quelle: PC Games Der Schwertkämpfer ist jedoch nur einer von drei Jobs, die wir in der Demo ausprobieren konnten. Mit der Wahl unserer Waffe ändert sich nämlich Jacks Klasse, seine Fähigkeiten und teils die tragbare Ausrüstung. Steuert sich der lanzentragende Pikenier noch recht gewohnt, müssen wir uns beim Schwarzmagier ordentlich umstellen: Statt Kombos feuern wir dann Zauber ab, die wir in der Hitze des Gefechts in einem Ringmenü auswählen und für mehr Flächenschaden aufladen können. Fürs Zaubern müssen wir stehen bleiben, das gewünschte Element wählen wir dann per linkem Analogstick. Im Demo-Dungeon werden wir regelmäßig von großen Feindeswellen überrascht, die dann teils auch noch aus zähen Generatoren nachspawnen. Und im Gegensatz zu den klassischen Feinden wie Goblins, Bombern und Tonberrys zucken wir beim kleinsten Treffer zusammen und werden nervig oft bei Aktionen unterbrochen.
Zu viel Information! Neben unseren Stats müssen wir eine ellenlange Liste an Ausrüstung im Blick behalten. Leider handelt es sich dabei bisher stets um dutzende Exemplare des gleichen Gegenstands, mit marginalen Verbesserungen. Quelle: PC Games Das zweite große Problem des Kampfsystems ist dementsprechend, wie hakelig und widerspenstig es sich steuert. Unser Ausweichsprung ist steif und abgehackt, unsere Angriffe ebenso, und vor allem das Zaubermenü ist für die Geschwindigkeit der Kämpfe wenig intuitiv. Apropos unintuitiv: Die Demo haut uns neue Mechaniken im Minutentakt um die Ohren und lässt uns kaum Zeit, uns in die vielen Subsysteme einzufinden, die Final-Fantasy-typisch auch noch umständlich benannt sind. Hier sind wir jedoch guter Dinge, dass uns das fertige Spiel etwas behutsamer an die Materie heranführt. Team Ninja wollte uns offensichtlich schon in der Demo möglichst viele Aspekte des Kampfsystems ausprobieren lassen.
Und tatsächlich finden sich im Wust aus überfrachteten Menüs, ständigen Loot-Drops mit marginalen Verbesserungen und hakeligem Gekämpfe auch einige gelungene Ideen: Dass wir unsere MP-Leiste mit Parade-Serien auffrischen können, um dann die gegnerische Ausdauer zu brechen, erinnert entfernt an die grandiosen Duelle eines Sekiro: Shadows Die Twice. Das umständliche Zaubern ermöglicht uns an manchen Stellen besondere Interaktionen, wenn wir etwa Gras in Brand setzen, um eines Wolfsrudels Herr zu werden. Der Bosskampf gegen Final-Fantasy-Bösewicht Garland ist ein knackiger Schlagabtausch ohne viel Schnickschnack, der sich mit sauberen Hitboxen und nachvollziehbaren Angriffsmustern auf die Stärken des Genres konzentriert. Und wer noch die deplatzierten Oneliner aus dem Trailer in den Ohren hat, wird sich freuen, dass die Charaktere in der Demo überwiegend die Klappe halten. Spawnender Spam: Nur selten sind Gegner clever platziert oder ergänzen sich, wie es im Genre eigentlich Usus ist. Oft werden wir einfach von Feindes-Generatoren zugemüllt. Quelle: PC Games Unsere Augen werden dafür nicht gerade verwöhnt. Dass die Probeversion ausgerechnet PS5-exklusiv ist, wirkt wie ein schlechter Scherz. Stranger of Paradise könnte genauso gut auf einem Server irgendwo in Japan laufen, denn die Optik ist wahnsinnig unscharf, flimmert und ruckelt wie ein Livestream bei schlechter Internetverbindung. Meistens sehen wir davon jedoch ohnehin wenig, da die Umgebungsbeleuchtung das Bild regelmäßig in Schwarz ersaufen lässt.
Der Kampf gegen den dunklen Ritter Garland ist durchaus gelungen. Warum wir ständig von zwei NPCs begleitet werden, die sich im Kampf kaum auswirken? Wissen wir auch nach der Demo nicht. Quelle: PC Games Team Ninja hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es sich Spieler-Feedback aus Alpha- und Beta-Tests sehr zu Herzen nimmt, dementsprechend kann man zuversichtlich sein, dass sich bis zum Release des Spiels im nächsten Jahr noch einiges tut. Dass der Entwickler das Genre eigentlich beherrscht und versteht, zeigt sich an der sehr gelungenen Nioh-Reihe, die neben From Softwares Titeln zu den besten Vertretern dieser Art von Action-Rollenspielen gehört. Stranger of Paradise fehlt es aber noch gewaltig an Feinschliff und an einem roten Faden, der das überladene Kampfsystem und das befremdliche Setting auf Kurs bringt. Wer die etwa einstündige Demo selbst ausprobieren und den Entwicklern dringend nötiges Feedback zukommen lassen will, kann das noch bis zum 26. Juni tun. Der umfangreiche Fragebogen dazu lässt sich direkt aus dem Spiel heraus ausfüllen.
Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin erscheint 2022 für PC, PS4, PS5, Xbox One und Xbox Series X/S.